Ernährung bei Kindern

Die 6 Phasen der Ernährungsprägung


Oft kann man sich nur wundern, weshalb Kinder ganz bestimmte Wiederholungen an den Tag legen und diese, oft auch nervtötenden, Handlungen bei irgendwie jedem Kind vorkommen. Und es ist ja auch verständlich, wenn Eltern verzweifeln, wenn nur noch Nudeln akzeptiert werden und kein anderes Essen mehr interessant zu sein scheint. Ich habe größten Respekt davor, wenn Eltern hier eine Engelsgeduld zeigen. Solche Handlungen und noch viele mehr sind in unserer evolutionären Entwicklung geprägt und müssen so ablaufen.

Wenn Eltern oder betreuende Personen sich mit diesen Themen auseinandersetzen, dann wird einem sicherlich so einiges klarer und vor allem kann man mit mehr Gelassenheit auf das Thema 'Ernährung bei Kindern' schauen.

Ich wurde zu einem Interview von den Kölner Erziehungscoaches Karoline Fieting und Sarah Sechelmann von '2 Girls, 1 Problem' , ihrem YouTube Kanal, eingeladen und habe mit ihnen über das Thema  'Die 6 Phasen der Ernährungsprägung bei Kindern' gesprochen. Wir haben zusammen einen gemütlichen Nachmittag verbracht und dabei viele neue Erkenntnisse gewonnen. Einige mögen Karoline als TV-Coach bei den Sendern RTL, VOX oder WDR bereits gesehen haben. Auch Sarah Sechelmann ist immer wieder bei VOX zu Gast, um bei Formaten wie 'Mein Kind, Dein Kind' mit ihrem Wissen Eltern in Erziehungsfragen zu unterstützen. Viel Spaß beim Ansehen :)


Phase 1 - Schwangerschaft

Kinderernährung - Schwangerschaft

Während der Schwangerschaft wird die Geschmacksentwicklung des Kindes bereits stark geprägt. In dieser Phase können bereits Geschmäcker unterschieden werden, denn ab der 8. Schwangerschaftswoche entwickeln sich die Geschmacksknospen. Der körperliche Aufbau des Kindes wird durch die passive und kontinuierliche Nahrungszufuhr niedermolekularer Nährstoffe und Antikörper über die Nabelschnur geregelt.


Phase 2 - Geburt

Kinderernährung - Geburt

Mit der Geburt wird auch der Hunger geboren, der bei einem Säugling bis zu 16 Mal am Tag gestillt werden muss. Zu diesem Zeitpunkt ist das Verdauungssystem noch unreif und benötigt die Muttermilch oder eine entsprechende andere Milch, zur Reifung und damit zum Aufbau für zukünftige Nahrungsmittel.

Die Reflexsteuerung des Säuglings macht es möglich, dass es die körperwarme Muttermilch säugen kann. Aber nicht nur der physische Hunger wird durch das Säugen gestillt sondern auch der emotionale Hunger. Die Wärme und Geborgenheit sind essentiell für das kleine Wesen, um auch auf emotionaler Ebene wachsen zu können. Ein Säugling nimmt hier bereits wahr, wenn sich die Mutter oder die stillende Person mehr auf das Smartphone als auf das Stillen konzentriert. Dann kann es sein, dass ein Säugling zwar körperlich satt ist, aber das emotionale Verlangen nicht gestillt werden konnte.


Phase 3 - 2. Lebenshalbjahr

Kinderernährung - 2. Lebenshalbjahr

Im 2. Lebenshalbjahr wird nicht mehr ganz so häufig gegessen, aber immer noch bis zu 6 Mal täglich. Dabei lernen Kinder langsam, neben der Muttermilch, Brei oder festere Nahrung zu sich zu nehmen. Während das Kind bereits sitzend und liebevoll haltend das Trinken aus dem Becher lernt, fängt es an, mit dem Essen zu flirten. Ein langsames Kennenlernen der Lebensmittel ist wichtig, um Vertrauen aufzubauen und zu verstehen, wie die Konsistenz des Essens ist. Da ist es nicht verwunderlich, wenn es bis zu 20 Mal dauern kann, bis das Essen überhaupt im Mund landet.


Phase 4 - 1. Geburtstag

Kinderernährung - 1. Geburtstag

Da die Zahnentwicklung beginnt, kann das Kind langsam auch festere Kost zu sich nehmen, was immer noch 4-5 mal täglich sein kann. Dabei steht aber nicht mehr die direkte Bedürfnisbefriedigung im Mittelpunkt, sondern die Mahlzeiten nehmen langsam einen familiär geregelteren Ablauf.

Wenn Kinder mit Eltern vom gemeinsamen Teller essen, kommt es vor, dass das Kind den Eltern ein Stück anbietet. Damit testet das Kind, ob die Nahrung essbar ist - ein evolutionärer wichtiger Schritt, um das Überleben zu sichern. Lehnt der Erwachsene ab, heißt das im Umkehrschluss, das Essen ist nicht sicher.

In diesem Zeitraum nimmt der Spaß am Essen, das Imitieren, die Neugierde und das Gemeinschaftsbedürfnis zu.


Phase 5 - 1 1/2 Jahre

Kinderernährung - 1 1/2 Jahre

Es ist soweit. Das Kind wird immer selbständiger und portioniert das Essen langsam selbst und fängt an Besteck zu benutzen. In dieser Phase wird der Bedürfnisaufschub gelernt und es wird gegessen, wenn alle am Tisch sitzen und vor allem wird das Gleiche gegessen. So leben Erwachsene, aber auch andere Kinder, einander ein gemeinschaftliches Essen vor. Hierbei kann es auch schnell zu Trotz oder Neid kommen oder es wird zur Beschäftigung gegessen.


Phase 6 - Ende Grundschulzeit

Kinderernährung - Ende Grundschulzeit

Jetzt wird das selbständige Organisieren der Mahlzeiten immer wichtiger, denn es wird nicht mehr allein im Rahmen der Familie gegessen, sondern auch allein, mit Freunden oder in der Schule. Dabei ist es wichtig, das die Motivation des Essens im Auge behalten wird. Zum Beispiel kann sich die Menge durch die körperliche Entwicklung aber auch sportliche Aktivitäten ändern. Es kann aber auch sein, das Schönheitsaspekte, politische oder umweltbezogene Hintergründe das Essenverhalten verändern oder sich Kinder von den Eltern abgrenzen wollen.


Quelle: Gätjen E. Wie Kinder Essen ... Ernährung & Medizin 2020; 35: 81–89